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Mandanteninformationen für Unternehmer und Freiberufler Juni 2017


Liebe Mandantin, lieber Mandant,


auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen


Inhalt

1.

Kapitalertragsteuer kann nur noch beschränkt angerechnet werden

2.

Eine nicht ausreichende Begründung eines Verwaltungsakts kann nicht geheilt werden

3.

Leiharbeit: Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte

4.

Arbeitsverhältnis zwischen Fremden: Kein Fremdvergleich wie bei Angehörigen

5.

Wann Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen können

6.

Grunderwerbsteuer: Dürfen die Baukosten nachträglich einbezogen werden?

7.

Dienstreise mit dem Privatflugzeug: Wann liegt eine unangemessene Repräsentation vor?

8.

Einkünfteerzielungsabsicht bei Leerstand und Sanierungsbedarf

9.

Urlaubsentgelt: Zeiten der Rufbereitschaft sind mit zu berücksichtigen

10.

Verkäufer gibt falsches Baujahr an: Kann der Käufer vom Kauf einer Immobilie zurücktreten?

11.

Darf der Abgeltungsteuersatz auch bei mittelbarer Beteiligung angewendet werden?

12.

Freigesprochen, aber keine Kostenerstattung - der der Anwalt, der sich selbst verteidigt

13.

Fristberechnung: Wenn es kompliziert wird, muss der Anwalt selber rechnen


1. Kapitalertragsteuer kann nur noch beschränkt angerechnet werden

Steuertricks mit sog. Cum/Cum-Deals sollen unterbunden werden. Zu diesem Zweck wurde der neue § 36a EStG geschaffen. Zu dieser Missbrauchsvermeidungsnorm gibt es nun ein ausführliches Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung.

Hintergrund

Ausländische Besitzer deutscher Aktien zahlen auf ihre Dividenden rund 15 % Kapitalertragsteuer. Bei einer sog. Cum/Cum-Transaktion überträgt der ausländische Anteilseigner seine Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag auf eine inländische Bank. Diese bezieht die Dividende. Kurz nach der Ausschüttung erwirbt der Anteilseigner die Aktien einschließlich Dividende zurück. Die Bank lässt sich die auf die Dividende abzuführende Kapitalertragsteuer anrechnen und teilt diese Steuerersparnis mit dem ausländischen Anleger.

Durch den neuen § 36a EStG ist eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer nur noch unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Neues Anwendungsschreiben

Die Finanzverwaltung hat nun ein umfassendes Anwendungsschreiben zu § 36a EStG veröffentlicht. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

Der für die Steueranrechnung erforderliche Mindesthaltezeitraum umfasst 45 Tage vor und 45 Tage nach der Fälligkeit der Kapitalerträge.

Voraussetzung für die Steueranrechnung ist, dass der Steuerpflichtige die Anteile oder Genussscheine ununterbrochen an mindestens 45 Tagen innerhalb des Mindesthaltezeitraums gehalten hat. Die Haltedauer beginnt an dem Tag, an dem der Steuerpflichtige das wirtschaftliche Eigentum erlangt und endet an dem Tag, an dem er das wirtschaftliche Eigentum verliert. Bei der Berechnung der Haltedauer dürfen nur diejenigen Tage einbezogen werden, an denen das wirtschaftliche Eigentum während des gesamten Kalendertags bestand.

Der Steuerpflichtige muss während der Mindesthaltedauer ununterbrochen das sog. Mindestwertänderungsrisiko tragen.

Sind die Anrechnungsvoraussetzungen nicht erfüllt, ist eine Anrechnung von 3/5 der erhobenen Kapitalertragsteuer ausgeschlossen.

Bei Personengesellschaften wird die anrechenbare Kapitalertragsteuer gesondert und einheitlich vom Finanzamt festgestellt. Erfüllt eine Personengesellschaft die neuen Anrechnungsvoraussetzungen nicht, beinhaltet die gesonderte und einheitliche Feststellung nur, dass weder die Anrechnungsvoraussetzungen noch der Ausnahmetatbestand erfüllt sind. Die Kapitalertragsteuer muss deshalb betragsmäßig in anrechenbare und nicht anrechenbare Kapitalertragsteuer aufgeteilt werden. Auf Ebene der Gesellschafter wird im Rahmen der Veranlagung entschieden, ob die Anrechnung tatsächlich beschränkt ist.

2. Eine nicht ausreichende Begründung eines Verwaltungsakts kann nicht geheilt werden

Erlässt das Finanzamt einen Verwaltungsakt und begründet diesen nicht oder nur unzureichend, ist eine Heilung durch Nachholung der Begründung ausgeschlossen, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt hat.

Hintergrund

Mit Schreiben vom 18.2.2011 forderte das Finanzamt die von einem Steuerberater vertretenen Eheleute auf, die Einkommensteuer-Erklärung 2010 bis zum 31.8.2011 vorzeitig einzureichen und drohte für den Fall der Nichtabgabe die Festsetzung eines Verspätungszuschlags an. Dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Die Steuererklärung ging am 7.12.2011 beim Finanzamt ein. Am 23.12.2011 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2010 und setzte gleichzeitig einen Verspätungszuschlag i. H. v. 880 EUR fest.

Am 9.1.2012 erhoben die Eheleute Einspruch gegen den Verspätungszuschlag, da ihrer Ansicht nach das Finanzamt die Aufforderung zur Erklärungsabgabe nicht ausreichend begründet hatte und diese deshalb rechtswidrig war. Folglich hatten sie die Einkommensteuer-Erklärung nicht verspätet eingereicht.

Mit Schreiben vom 19.1.2012 erklärte das Finanzamt, dass Anlass für die vorzeitige Anforderung die verspätete Erklärungsabgabe in den Vorjahren gewesen war. Am 27.1.2012 legten die Eheleute Einspruch gegen die Anforderung der Erklärung ein und wiesen auf den Begründungsmangel hin. Das Finanzamt verwarf beide Einsprüche.

Die Eheleute erhoben daraufhin Klage zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erklärungsanforderung sowie gegen den Verspätungszuschlag. Das Finanzgericht wies jedoch beide Klagen als unbegründet zurück.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab den Eheleuten recht und entschied, dass die Aufforderung zur Erklärungsabgabe rechtswidrig war, da der Begründungsmangel nicht geheilt werden konnte. Wegen der Rechtswidrigkeit der Aufforderung hoben die Richter den festgesetzten Verspätungszuschlag auf, weil die Eheleute die Erklärung noch innerhalb der allgemein bis 31.12.2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.

Nach den Fristenerlassen der Länder verlängert sich die Abgabefrist allgemein bis zum 31.12. des Folgejahres, wenn die Einkommensteuer-Erklärung durch einen Vertreter der steuerberatenden Berufe angefertigt wird. Macht das Finanzamt allerdings von der Möglichkeit der vorzeitigen Anforderung der Steuererklärung Gebrauch, muss es seine Entscheidung ausreichend begründen. Das Schreiben des Finanzamts vom 18.2.2011 genügt diesem Begründungserfordernis jedoch nicht. Für die Eheleute war nicht erkennbar, aus welchem konkreten Grund das Finanzamt die allgemeine Abgabefrist verkürzt hatte. Dieser Begründungsmangel konnte nicht nachträglich geheilt werden. Denn der Verwaltungsakt hatte sich vor Einlegung des Einspruchs erledigt und damit war eine Heilung des Begründungsmangels durch Nachschieben der Ermessensgründe nicht mehr möglich, da die Heilung einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt.

3. Leiharbeit: Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte

Ein Leiharbeitnehmer kann nicht dauerhaft einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sein. Deshalb darf er seine arbeitstäglichen Fahrten zum Entleihbetrieb als Dienstreisen ansetzen.

Hintergrund

Der Kläger war als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Das Leiharbeitsverhältnis bestand immer nur auf ein halbes bis ein Jahr befristet und war vom Entleiher insgesamt 3 Mal verlängert worden. Der Arbeitsvertrag sah vor, dass er bundesweit eingesetzt und an andere Firmen zur Arbeitsleistung überlassen werden konnte. Seine Fahrten zum Entleihbetrieb machte der Kläger nach Reisekostengrundsätzen, also mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer geltend. Das Finanzamt stufte den Betrieb dagegen als erste Tätigkeitsstätte ein und gewährte für die Fahrten deshalb nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab jedoch dem Kläger recht. Denn nach Ansicht der Richter hatte der Kläger im Entleihbetrieb keine erste Tätigkeitsstätte begründet. Zu dem jeweiligen Einsatzort bestand keine "dauerhafte Zuordnung", die jedoch für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte erforderlich ist.

Eine dauerhafte Zuordnung liegt insbesondere dann vor, wenn der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus tätig werden soll. Alle 3 Tatbestandsalternativen sah das Finanzgericht nicht als erfüllt an. Insbesondere liegt keine unbefristete Zuweisung vor, weil das Leiharbeitsverhältnis nur befristet begründet worden ist. Darüber hinaus musste der Kläger jederzeit mit einem Einsatz an verschiedenen Orten im ganzen Bundesgebiet rechnen. Weiterhin war auch die gesetzliche Obergrenze von 48 Monaten nicht erfüllt.

4. Arbeitsverhältnis zwischen Fremden: Kein Fremdvergleich wie bei Angehörigen

Verträge unter Angehörigen können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich anerkannt werden. Diese Grundsätze, insbesondere der Fremdvergleich, dürfen jedoch nicht auf Arbeitsverhältnisse zwischen fremden Dritten angewendet werden. Das gilt auch dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt haben.

Hintergrund

Der Kläger K beschäftigte in seinem Ingenieurbüro seine ehemalige Lebensgefährtin L als einzige Bürokraft für einen Bruttolohn von 400 EUR. L nutzte ein Fahrzeug des K für betriebliche Fahrten und für private Zwecke. Durch den Abzug des geldwerten Vorteils blieb kein auszuzahlender Arbeitslohn übrig.

Das Finanzamt erkannte das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht an. Auch wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht, sind seiner Ansicht nach die Grundsätze des Fremdvergleichs anzuwenden. Diesem Fremdvergleich hält das vorliegende Arbeitsverhältnis nicht stand.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass das Arbeitsverhältnis zwischen K und L steuerlich anzuerkennen ist. Selbst wenn bei einer ehemaligen nichtehelichen Lebensgemeinschaft noch ein gewisses Näheverhältnis besteht, sind die Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen, insbesondere der Fremdvergleich, hier nicht anzuwenden.

Und selbst wenn man die Fremdvergleichsgrundsätze im vorliegenden Fall anwenden würde, müsste das Arbeitsverhältnis steuerlich trotzdem anerkannt werden. Dass der gesamte Barlohn durch Sachlohn ersetzt wurde, steht dem nicht entgegen, da kein Grund ersichtlich ist, warum nicht fremde Dritte ebenfalls eine solche Regelung treffen könnten.

5. Wann Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen können

Ist die Erledigung von Büroarbeiten in den Praxisräumen eines Selbstständigen aufgrund der konkreten Umstände nicht zumutbar, steht kein anderer Arbeitsplatz "zur Verfügung", sodass der Selbstständige ein häusliches Arbeitszimmer geltend machen kann.

Hintergrund

Der Kläger war als Logopäde selbstständig tätig und unterhielt 2 Praxen in angemieteten Räumen. Diese wurden weit überwiegend von seinen 4 Angestellten genutzt. In seiner Gewinnermittlung machte er Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das sich in seiner Privatwohnung befand, geltend. Das Finanzamt erkannte die Arbeitszimmerkosten nicht als Betriebsausgaben an, da dem Kläger in seinen Praxisräumen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass die Praxisräume nicht zur konkreten Erledigung aller beruflichen Schreibtischtätigkeiten geeignet sind, da dort Behandlungen durchgeführt und die taggenauen Patientenabrechnungen während der Behandlungszeiten erledigt werden.

Das Finanzgericht war der gleichen Auffassung und gab der Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich dieser Meinung an.

Da die Praxisräume durch die Angestellten genutzt wurden und der Kläger dort keine vertraulichen Unterlagen aufbewahren oder bearbeiten konnte, waren die Praxisräume für ihn nur eingeschränkt nutzbar. Darüber hinaus war es ihm aufgrund der Größe der Räume und des offenen Praxiskonzepts für ihn auch nicht zumutbar, einen separaten Arbeitsplatz oder Raum zur ausschließlichen Nutzung für sich einzurichten.

Ein "anderer Arbeitsplatz" ist zwar grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Dieser Arbeitsplatz muss aber so beschaffen sein, dass der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Insbesondere muss der Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzbar sein.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist dann nicht erforderlich, wenn es dem Selbstständigen zumutbar und aufgrund der räumlichen Situation auch möglich ist, in den Betriebsräumen einen büromäßigen Arbeitsplatz einzurichten. Dies war hier nicht der Fall, sodass der Kläger die Kosten für sein häusliches Arbeitszimmer steuerlich ansetzen konnte.

6. Grunderwerbsteuer: Dürfen die Baukosten nachträglich einbezogen werden?

Wird erst nachträglich ein Bauerrichtungsvertrag abgeschlossen, ändert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

Hintergrund

Die Kläger kauften im Juli 2012 ein Grundstück für rund 40.000 EUR. Sie verpflichteten sich zur Bebauung mit einem Reihenhaus innerhalb von 2 Jahren nach Baureife durch einen bestimmten Bauunternehmer. Die Bauzeichnungen eines Architekten waren als Anlage dem Notarvertrag beigefügt. Im August 2012 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer i. H. v. 831 EUR fest. Im September 2012 beauftragten die Kläger den Bauunternehmer mit der Errichtung des Reihenhauses entsprechend den Bauzeichnungen des Architekten zum Festpreis von rund 212.000 EUR.

Im Februar 2013 änderte das Finanzamt die Bescheide. Es bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage mit ein und erhöhte die Grunderwerbsteuer entsprechend.

Mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht hatten die Kläger zunächst Erfolg. Es entschied, dass die Bescheide nicht mehr änderbar waren.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof war jedoch der Ansicht, dass die Bescheide geändert werden durften.

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist der Wert der Gegenleistung. Dieser bestimmt sich zwar nach dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft. Steht aber aufgrund des Grundstückskaufvertrags und des Bauvertrags fest, dass der Erwerber beim Abschluss des Kaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung nicht mehr frei ist und erhält er deshalb das Grundstück in einem bestimmten bebauten Zustand, liegt ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor.

Ein Grundstück wird erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn ein entsprechender Bauvertrag abgeschlossen wird. Solange der Bauvertrag nicht geschlossen wird, ist Erwerbsgegenstand nur das unbebaute Grundstück. Das gilt selbst dann, wenn beim Kaufvertrag eine Bindung des Erwerbers hinsichtlich der Bebauung vorgelegen hat. Erst mit Abschluss des Bauvertrags ändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs.

Beim Erlass der Bescheide im August 2012 war Gegenstand des Erwerbsvorgangs lediglich das unbebaute Grundstück. Die endgültige zivilrechtliche Verpflichtung des Bauunternehmers zur Bebauung trat mit dem Bauvertrag vom September 2012 ein. Mit Abschluss dieses Vertrags änderte sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs rückwirkend dahin, dass das Grundstück jetzt in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs war.

7. Dienstreise mit dem Privatflugzeug: Wann liegt eine unangemessene Repräsentation vor?

Wird für berufliche Auswärtstätigkeiten ein privates Flugzeug genutzt, kann ein unangemessener beruflicher Aufwand vorliegen. Der Abzug der Reisekosten ist dann jedoch nicht ganz ausgeschlossen, sondern wird auf einen angemessenen Teil begrenzt.

Hintergrund

G besaß ein einmotoriges Privatflugzeug, das er nicht nur für privat veranlasste Reisen, sondern zu rund 30 % auch für Flüge zu beruflich veranlassten Terminen im Inland und europäischen Ausland nutzte und dabei das Flugzeug jeweils selbst steuerte. G ermittelte die Flugkosten mit rund 500 EUR je Flugstunde und machte für rund 30 Flugstunden rund 17.000 EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt verweigerte den Abzug mit der Begründung, dass die Kosten privat veranlasst sind. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisen kommt es grundsätzlich nicht darauf an, welches Verkehrsmittel gewählt wird. Es ist unerheblich, ob die Aufwendungen objektiv gesehen zweckmäßig und notwendig sind. Liegt also ein beruflicher Anlass vor, kann aus der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich keine private Veranlassung der Reisekosten abgeleitet werden. Private Motive stehen dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn objektiv feststeht, dass die Aufwendungen nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind.

Es muss jedoch geprüft werden, ob die Aufwendungen der Höhe nach unangemessen sind, soweit sie die "Lebensführung berühren". Damit sollen unangemessene Repräsentationsaufwendungen von der steuerlichen Berücksichtigung ausgenommen werden. Eine Rolle spielen hier insbesondere die Höhe der Einkünfte, die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für die ausgeübte Tätigkeit, die Üblichkeit in vergleichbaren Fällen, der objektive Grund für den Mehraufwand und wie intensiv die private Sphäre berührt wird.

Ob ein unangemessener betrieblicher oder beruflicher Aufwand vorliegt, beurteilt sich auch danach, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Steuerpflichtiger angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte.

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass einem Privatflugzeug ein hoher Repräsentationswert zukommt. Auch ist in vergleichbaren Betrieben der Einsatz eines Privatflugzeugs nicht üblich.

Das Finanzgericht hatte jedoch nicht geprüft, inwieweit gewichtige berufliche Gründe für die Benutzung des Flugzeugs ursächlich waren, etwa die von G geltend gemachte Zeitersparnis. Der BFH hob daher das Finanzgerichtsurteil auf und verwies den Fall zurück.

Sollte sich herausstellen, dass die Kosten unangemessen waren, müsste das Finanzgericht aber den angemessenen Teil der Werbungskosten ermitteln und insoweit zum Abzug zulassen.

8. Einkünfteerzielungsabsicht bei Leerstand und Sanierungsbedarf

Kann ein Eigentümer eine geplante Sanierung nicht durchführen, weil die Mitwirkung der Miteigentümer fehlt, liegt keine Einkünfteerzielungsabsicht mehr vor.

Hintergrund

X erwarb 1993 eine Eigentumswohnung mit 84 qm in einer Wohnanlage mit 6 Wohnungen. Das gesamte Gebäude befand sich bereits zu diesem Zeitpunkt in einem maroden Zustand. Die Wohnung des X stand seit 1999 leer. Zwar hatte die Eigentümergemeinschaft im Jahr 1999 Instandsetzungsarbeiten beschlossen. Bis zum Jahr 2014 konnten diese jedoch nicht vollständig durchgeführt werden. Dies lag u. a. daran, dass die nötige Sonderumlage nicht von allen Eigentümern gezahlt wurde, es zu einer Veruntreuung der Sonderumlagemittel kam, die Eigentümerversammlung nicht beschlussfähig und eine weitere Sanierung mangels Erreichbarkeit der übrigen Miteigentümer nicht möglich war. Alle Vermietungsbemühungen des X scheiterten am Gesamtzustand der Anlage.

X erklärte für 2006 bis 2010 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 6.000 bis 10.000 EUR. Diese erkannte das Finanzamt jedoch nicht an. Das Finanzgericht war ebenfalls der Ansicht, dass aufgrund des langjährigen Leerstands keine Vermietungsabsicht mehr vorliegt und wies die Klage ab.

Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof verneinte eine Einkünfteerzielungsabsicht des X.

Aufwendungen im Vorfeld einer Vermietung können zwar als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Deshalb können auch während eines Leerstands grundsätzlich die Kosten für diese Wohnung als Werbungskosten abziehbar sein. Voraussetzung ist jedoch, dass der Steuerbürger sich endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermietung Einkünfte zu erzielen und diese Entscheidung nicht aufgegeben hat. Der Entschluss, eine Wohnung zu vermieten, zeigt sich in erster Linie durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen.

Im vorliegenden Fall befand sich die Wohnung unstreitig in einem nicht vermietbaren Zustand. Die Durchführung von Sanierungsarbeiten war nicht möglich und das Ende dieses Zustands nicht konkret abschätzbar. Zwar hatte sich X um eine Sanierung bemüht. Er war jedoch wegen fehlender Mitwirkung der anderen Miteigentümer nicht in der Lage, die Vermietbarkeit zu erreichen. Die Vermietungsbemühungen waren nicht ernsthaft und nachhaltig, da sie aufgrund des Zustands der Anlage nur ins Leere laufen konnten.

9. Urlaubsentgelt: Zeiten der Rufbereitschaft sind mit zu berücksichtigen

Werden einem Arbeitnehmer die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft vergütet, muss dieses Entgelt bei der Entgeltfortzahlung für Urlaub einbezogen werden.

Hintergrund

Der Kläger ist als Oberarzt beschäftigt. Er leistete regelmäßig Rufbereitschaftsdienste aufgrund eines im Voraus festgesetzten Dienstplans, während dieser er zu mehreren Einsätzen im Krankenhaus gerufen wurde. Die entsprechenden Einsatzzeiten im Krankenhaus und die anlässlich dieser Einsätze zurückgelegten Wegezeiten wurden ihm als Überstunden vergütet.

Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigte der Arbeitgeber allerdings nicht die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während der geleisteten Rufbereitschaft. Der Kläger verlangte ein weiteres Urlaubsentgelt von 136,73 EUR brutto je Urlaubstag, weil die für die Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft geleistete Vergütung kein zusätzlich für Überstunden gezahltes Entgelt darstellt. Während des Urlaubs darf er finanziell nicht schlechter gestellt werden, als wenn er regulär gearbeitet hätte.

Der Arbeitgeber ist dagegen der Ansicht, dass Rufbereitschaft und die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft nicht zur regelmäßigen Arbeitszeit des Klägers zählen.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht urteilte zugunsten des Klägers. Die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft und das dadurch zustehende Entgelt ist bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für Urlaubszeiten einzubeziehen.

Würde man die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für Urlaubszeiten unberücksichtigt lassen, wäre dies mit dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nicht vereinbar. Ansonsten würde der Kläger während seines Jahresurlaubs nicht sein gewöhnliches Entgelt erhalten.

Das Bundesarbeitsgericht führt weiter aus, dass es zur Erfüllung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub nicht ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer in der Zeit des Urlaubs nicht arbeiten muss. Darüber hinaus muss die Zeit der Freistellung von der Arbeit auch bezahlt sein.

10. Verkäufer gibt falsches Baujahr an: Kann der Käufer vom Kauf einer Immobilie zurücktreten?

Wurde ein Wohnhaus 2 Jahre früher bezugsfertig fertiggestellt als im notariellen Kaufvertrag angegeben, berechtigt dies den Käufer zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels.

Hintergrund

Die Kläger erwarben im Jahr 2013 ein Hausgrundstück zum Preis von 600.000 EUR. Laut notariellem Kaufvertrag handelte es sich um ein Gebäude aus dem Jahr 1997. Tatsächlich wurde das Haus bereits im Jahr 1995 fertiggestellt und auch bezogen. Da sie auch im Übrigen von dem Haus enttäuscht waren, verlangten sie die Rückabwicklung des Kaufvertrags.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab den Klägern Recht. Das Grundstück war mit einem Sachmangel behaftet, da es bereits 1995 errichtet wurde und nicht erst, wie im notariellen Kaufvertrag angegeben, 1997. Die Angabe des Baujahres stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Dies hat zur Folge, dass sich die Kläger als Käufer darauf verlassen durften, dass das Haus dem technischen Standard des vereinbarten Baujahres entsprach. Auch wenn es sich nur um eine Abweichung von 2 Jahren handelt, stellt diese trotzdem eine erhebliche Beeinträchtigung der Kaufsache, denn dies hat Auswirkungen auf den Verkehrswert des Grundstücks in einem Ausmaß, das die Bagatellgrenze überschreitet.

Die Verkäufer müssen sich zudem die arglistige Täuschung des geschäftserfahrenen Vaters zurechnen lassen. Denn dieser hatte das tatsächliche Baujahr gekannt und war an den Kaufvertragsverhandlungen beteiligt gewesen.

11. Darf der Abgeltungsteuersatz auch bei mittelbarer Beteiligung angewendet werden?

Ist ein Gläubiger an einer Kapitalgesellschaft mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt, ist damit nicht automatisch bei einer Darlehensgewährung an diese Gesellschaft der Abgeltungsteuersatz von 25 % ausgeschlossen.

Hintergrund

Die Eheleute verkauften ein Grundstück an die L-GmbH, an der sie mittelbar beteiligt waren. Hauptgesellschafterin der L-GmbH war die F-GmbH zu 94 %. An der F-GmbH waren die Eheleute zu jeweils mehr als 10 % beteiligt. Der Kaufpreis wurde in ein unkündbares Darlehen mit einem Jahreszinssatz von 3 % und einer jährlichen Zins- und Tilgungsleistungsrate von 100.000 EUR umgewandelt.

Das Finanzamt unterwarf die Zinszahlungen der tariflichen Einkommensteuer. Die Eheleute beantragten dagegen den Abgeltungsteuersatz von 25 %, da sie an der L-GmbH nicht direkt, sondern lediglich mittelbar über die F-GmbH beteiligt waren.

Das Finanzgericht entschied, dass zumindest die Zinseinnahmen der Ehefrau dem Abgeltungsteuersatz unterliegen. Der Ehemann war dagegen im Verhältnis zur L-GmbH eine "nahestehende Person". Er konnte wegen seiner Mehrheitsbeteiligung an der F-GmbH gegenüber der L-GmbH einen beherrschenden Einfluss geltend machen. Seine Zinszahlungen unterliegen deshalb der tariflichen Einkommensteuer.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts gegen die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes zurück. Zwar gilt der Abgeltungsteuersatz nicht, wenn Kapitalerträge an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Eine mittelbare Beteiligung ist einer unmittelbaren jedoch nicht gleichzustellen. Mittelbar Beteiligte als Gläubiger der Kapitalerträge können deshalb auch bei Überschreiten der 10-%-Grenze vom Abgeltungsteuersatz profitieren.

Darüber hinaus ist die Ehefrau als Darlehensgeberin keine der Anteilseignerin (F-GmbH) nahestehende Person. Ein Näheverhältnis setzt eine enge Beziehung i. S. e. beherrschenden Einflusses voraus. Ein solches Verhältnis hätte im vorliegenden Fall nur vorgelegen, wenn die Ehefrau eine Beteiligung an der F-GmbH hätte, die es ihr ermöglichen würde, ihren Willen in der Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Daran fehlt es jedoch bei der Beteiligung der Ehefrau mit zunächst 11 % und später 23 %.

12. Freigesprochen, aber keine Kostenerstattung - der Anwalt, der sich selbst verteidigt

Verteidigt sich ein Rechtsanwalt in einem Strafverfahren selbst, hat er auch dann keinen Anspruch auf Erstattung einer Verteidigervergütung, wenn er freigesprochen wird.

Hintergrund

Ein Rechtsanwalt hatte gegen einen Bußgeldbescheid mit eigener Unterschrift und dem Stempel seiner Anwaltskanzlei Einspruch eingelegt. Zur Hauptverhandlung erschien er in Robe und vertrat sich selbst, und das mit Erfolg, denn er wurde freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen wurden der Staatskasse auferlegt. Daraufhin beantragte der Anwalt die Kostenfestsetzung, u. a. Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr eines Verteidigers, die jedoch zurückgewiesen wurde.

Entscheidung

Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Kostenfestsetzungsantrag des Anwalts zu Recht zurückgewiesen worden war.

Der Rechtsanwalt kann keine Gebühren wie ein Verteidiger abrechnen. Keine Rolle spielt, dass er seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid mit dem Stempel seiner Anwaltskanzlei versehen hatte und er zur Hauptverhandlung in Robe erschienen war. Vielmehr war er in eigener Sache in seiner Eigenschaft als Beschuldigter tätig geworden. In Straf- und Bußgeldverfahren ist jedoch eine Vertretung in eigener Sache unzulässig, wenn der Anwalt selbst Betroffener ist.

13. Fristberechnung: Wenn es kompliziert wird, muss der Anwalt selber rechnen

Feiertage gelten nicht in allen Bundesländern gleichermaßen. Vor allem bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist der Ablauf einer Frist deshalb oft nicht so einfach zu berechnen. Der Anwalt muss dann die Frist entweder selbst berechnen oder die Fristberechnung seiner Angestellten überprüfen.

Hintergrund

Der Anwalt hatte eine Kanzlei mit Sitz in München. Am 6.1.2016 endete eine Berufungsbegründungsfrist beim Oberlandesgericht Koblenz. Die Berufungsbegründung ging aber erst am 7.1.2016 dort ein. Der 6.1. ist in Bayern ein Feiertag, in Rheinland-Pfalz aber nicht. Die Berufungsbegründung wurde deshalb als verfristet nicht vom Gericht akzeptiert.

Seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der Anwalt mit diesen Argumenten: Seine Rechtsanwaltsfachangestellte hatte das Ende der Berufungsbegründungsfrist fälschlicherweise auf den 7.1. notiert, da der 6.1. in Bayern seit jeher ein gesetzlicher Feiertag ist. Dabei hatte sie übersehen, dass dieser Tag in Rheinland-Pfalz kein Feiertag ist. Außerdem war dem angefochtenen Urteil keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden, aus der sich das Oberlandesgericht Koblenz als Rechtsmittelgericht ergeben hätte.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht Koblenz folgte diesen Argumenten nicht. Insbesondere war eine Rechtsmittelbelehrung nicht nötig, da die Partei anwaltlich vertreten wurde und sie deshalb keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedurfte.

Darüber hinaus war das Versäumen der Rechtsmittelfrist vom Anwalt verschuldet. Die Berechnung der Frist hätte hier nicht auf eine Assistentin übertragen werden dürfen, auch wenn diese sorgfältig ausgesucht und geschult war sowie ordnungsgemäß überwacht wurde. Zumindest hätte der Anwalt das Ergebnis ihrer Berechnung auf jeden Fall noch vor Fristablauf kontrollieren müssen. Denn der Fristablauf war vorliegend wegen der nicht bundeseinheitlich geregelten Feiertage keine einfache und übliche Frist, deren Berechnung Angestellten übertragen werden dürfte. Der Anwalt hätte also selbst rechnen müssen.



Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung



Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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